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„Heil Hitler! Wo ist das Schwein?“

Jens Olaf Koch

Der jugendliche Berufswunsch meines Vaters, der im März 2018 im seligen Alter von fast 84 Jahren gestorben ist, war „Journalist“. Aber kurz nach dem Krieg erlaubten weder Familie noch wirtschaftliche Situation die Umsetzung dieses Traums. Stattdessen wurde mein Vater Großhandelskaufmann, später (meist) erfolgreicher Unternehmer.

Das Schreiben aber lag ihm trotzdem im Blut. Für seine Sportskameraden des Hockey- und Tennisclubs Blau-Weiß Köln dichtete er gekonnt in Kölsch und in Hochdeutsch.

Aber nicht nur: In späteren Jahren zeichnete er auch einige Anekdoten seinens Lebens auf. Heute möchte ich mit euch eine meiner liebsten teilen. In der Einleitung zu seiner – leider viel zu kurzen! – Anekdoten-Sammlung beschreibt er den Kontext:

Erstaunlicherweise sind einige Begebenheiten aus einem Alter zwischen acht und zwölf im Gedächtnis geblieben. Das liegt wahrscheinlich am Miterleben der letzten Kriegsjahre, die ich in der Evakuierung auf einem einsamen Westerwälder Bauernhof als großes Abenteuer empfunden habe – allerdings mit nur wenigen komischen oder lustigen Momenten.

Viel Vergnügen!

Mein Vater Klaus Koch auf Erinnerungstour im Westerwald, im Juli 2007, in der Nähe des Heiderhofs (jetzt ein Hotel), seinem Evakuierungsquartier im Zweiten Weltkrieg

Klaus Koch

„Heil Hitler! Wo ist das Schwein?“

 

Große Vorfreude und Unruhe, die auch auf uns Kinder übergriff, gab es immer, wenn  – natürlich offiziell – ein Schwein geschlachtet wurde.

Wir Kinder, weil es dann die Ohren und den Schwanz – gekocht natürlich – zum Knabbern gab. Warum die Erwachsenen  im Voraus so ausgelassen waren, habe ich erst später verstanden.

Das war nämlich nicht nur wegen der zu erwartenden fleischlichen Köstlichkeiten, sondern auch, weil dann immer der lustige Herr Weber kam.

Herr Weber kam stets in amtlicher Eigenschaft, nämlich als Trichinenbeschauer. Dessen Aufgabe war es festzustellen, ob das Fleisch des geschlachteten Tieres zum Verzehr freigegeben werden konnte.

Im Normalfall wurde das ausgenommene Tier auf ein großes Brett gespannt und bis zur Beschau im Kühlhaus aufbewahrt. Außer wenn Herr Weber kam. Dann wurde das Brett mit Schwein außen an die Hauswand gestellt, und davor bildete sich ein interessierter, menschlicher, erwartungsvoller Halbkreis.

Und kaum war Herr Weber mit seiner schwarzen Arzttasche um die Ecke gebogen, ließ er jedes Mal seinen bekannten Spruch hören:

„Heil Hitler, wo ist das Schwein? Ach, da ist es ja!“

Und ging mit todernster Miene seiner Arbeit nach, während sich auch der strammste Parteigenosse ein Grinsen nicht verkneifen konnte.

Text (auch der Anekdote): © Jens Olaf Koch
Bildnachweise: „Schwein“ © otto/Shotshop.com; „Klaus Koch“ © Jens Olaf Koch

Eine Antwort

  1. Liebe ist … wenn die Erinnerung an den verstorbenen Vater durch ein Verzällcher, das der Leserin ein Lächeln ins Gesicht zaubert, humorvoll aufrecht erhalten wird – so als säße man gemeinsam beim Tee mit lecker Apfelkuchen. Wette, er lacht – mit seiner typisch leichten Zeitverzögerung – verschmitzt und freut sich, dass er einen festen Platz in unserer Erinnerung und in unserem Herzen hat …

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