Für Freunde der experimentellen Literatur: Ein Artikel auf SPIEGEL ONLINE hat eine neue Welle von Google-Gedichten – oder Gugeldichten, wie ich sie gerne nenne – ins Netz geschwappt. Die taz bemerkt zurecht, dass das keine wirklich neue Erfindung ist. Dennoch hat es viele Leser erwischt und Schnappschüsse der Suchvorschläge, die Google uns Nutzern anbietet, fluten Twitter (#googledicht), Facebook und das Web. Die literarische Qualität schwankt erheblich …
Für mich liegt der Reiz darin, nicht nur Suchvorschläge zu entdecken, die – zumindest nach meinem Empfinden – eine lyrische Komponente aufweisen, sondern durch einen Titel auch einen Kontext zu setzen, der dem gefundenen Material einen kleinen Mehrwert verschafft. Ob und wann mir das gelingt, entscheiden die Leserinnen und Leser.
Also Sie! Das hoffe ich jedenfalls. Beispiele hier. Mehrteilige Gugeldichte, ein Sonett – und viele Klassiker in den üblichen vier Zeilen, die Google gerne anbietet.
Manches kalauert es natürlich erheblich, aber als „Googlepoet“ muss man mit dem arbeiten, was wir im Leben halt so suchen. Auf Google. Wir alle. Das ist manchmal hart …
Sampsa Nuotio, Gründer der englischen Seite Google Poetics vertritt in Bezug auf die Titelgebung eine etwas abweichende Auffassung als ich:
We do not use titles for three reasons: First, our idea has been since the beginning to think of these poems being devoid of authorship. In a way we like to think that these poems are made by Google, and a collective consciousness of all the people using the search engine, and people simply „find“ the poems instead of creating them. Having people give the poems titles would be against this basic idea. Second, we like to keep the poems as open to interpretation as possible, without forcing a specific angle with a title. Third, we receive a lot of submissions, several hundreds per month, and for practical reasons we need to keep things as simple as possible.
However, some time ago, on World Poetry Day, we introduced the concept of Longform Google Poems, poems that are combinations of several „normal“ Google poems. These poems are given a title, and the author is also credited.
(E-Mail vom 28.05.2013)
Deutsche Übersetzung:
Aus drei Gründen verwenden wir keine Titel: Erstens war es von Anfang an unsere Idee, dass dies Gedichte ohne Urheberschaft sind. Wir stellen uns in gewisser weise vor, dass diese Gedichte von Google und einem kollektiven Bewusstsein aller Menschen, die die Suchmaschine benutzen, erstellt wurden, und dass die Menschen die Gedichte einfach „finden“, anstatt sie zu erstellen. Wenn die Leute den Gedichten Titel geben würden, stände das dieser Grundidee entgegen. Zweitens möchten wir die Gedichte so offen wie möglich für Interpretationen halten, ohne mit durch einen Titel einen bestimmten Blickwinkel zu erzwingen. Drittens erhalten wir sehr viele Einreichungen, mehrere hundert pro Monat, und aus praktischen Gründen müssen wir die Dinge so einfach wie möglich halten.
Vor einiger Zeit jedoch, am Welttag der Poesie, haben wir das Konzept der Langform-Google-Gedichte eingeführt, Gedichte, die eine Kombination aus mehreren „normalen“ Google-Gedichten sind. Diese Gedichte erhalten einen Titel, und der Autor wird ebenfalls genannt.
Twitter-Tags zum Thema: #googlegedichte, #googlepoem, #googlepoems, #gugeldichte.