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Uhr in Bardolino

Die Zeitdiebe: „Wer im Sommer stirbt, hat eine Stunde weniger.“

Jens Olaf Koch

Allerorten große Aufregung wegen der Sommerzeit. Aber ist doch auch spaßig. Samstagabend in der Tagesschau der hilfreiche Hinweis von Thorsten Schröder: „Bei Funkuhren und den meisten Smartphones geschieht die Umstellung automatisch.“ Wenn wir solche Tipps wirklich brauchen, steht es schlimmer um Deutschland, als ich nach den Wahlerfolgen der AfD geglaubt habe.

Anyway, zu den Zeitdieben: Das waren früher ja so graue Eminenzen in „Momo“ (Michael Ende) oder Figuren von Terry Pratchett („Thief of Times“). Sie sind immer noch unter uns – anonym, unpersönlich, tief im System verborgen: Nehmen wir mal an, dass jeder zweite Deutsche außer Funkuhren, Smartphones und anderen selbstständig umstellenden Geräten mit Zeitfunktion noch die eine oder andere Uhr besitzt, die man manuell einstellen muss. Und gehen wir davon aus, dass jeder schlappe zwei Minuten braucht, um einmal durch die Wohnung zu tigern – Erfahrungswert für zwei Festnetz-Mobilteile, Herd und Mikrowelle :-). Dann sind wir bei 160 Millionen Minuten, die jedes Jahr nur dafür draufgehen. Umgerechnet 304,4 Jahre.

Dazu kommt die Zeit, die wir damit verbringen, Thorsten Schröder und Kollegen zuzuhören, Zeitungsartikel über die Sommerzeit zu lesen (oder Blog-Beiträge wie diesen…) und Petitionen gegen die Umstellung zu unterschreiben. Veranschlagen wir mal zehn Minuten pro Jahr, aber diesmal für alle Einwohner! Macht weitere 1.522 Jahre.

Das nenne ich mal einen wirklichen Zeitraub, einen echten Coup. Das sind gut zwanzig Menschenleben jedes Jahr, die hier in die Sanduhr gesetzt werden. Nur bei uns. Hochgerechnet auf ganz Europa wäre das ein fetter Flugzeugabsturz. Ganzen Abend Brennpunkte und Spezials und so…

Also: Alles klar, oder? Sommerzeit abschaffen! Nie mehr kürzer schlafen, Uhren umstellen (und eine dabei immer vergessen), morgens wieder im Dunkeln aufstehen…!

Halt! Da gibt es doch genau diese praktischen Geräte, die sich selbst umstellen. Ohne Funk- und Netzverbindung. Jedes Jahr zweimal. Wehe, da gab es ein paar Kurzdenker-Programmierer, die vergessen haben, eine Option zur Abschaltung der automatischen Umstellung einzubauen…

Okay, ich hab weder meinen Heizungscontroller noch die drei Zeitschaltuhren an den Elektro-Rollläden gecheckt (bin heute Morgen irgendwie knapp dran…), aber ich sehe mich schon an einem letzten Sonntag im März in nicht allzu ferner Zukunft fluchen. Weil Thorsten Schröder in der Tagesschau vergessen hat, mich an etwas zu erinnern:

„Viele Geräte mit automatischer Umstellung zwischen Sommer- und Winterzeit stellen morgen früh um zwei Uhr die Zeit eine Stunde vor. Bitte deaktivieren Sie diese Funktion noch heute Abend oder stellen Sie die Zeit manuell wieder zurück.“

Guten Morgen!

PS: Ich finde die Umstellung ja gar nicht soooo schlecht. Je älter ich werde, desto früher wache ich auf. „Präsenile Bettflucht“ oder so. Mit Sommerzeit geht der Tag für mich wieder später los. Ich hab also nicht eine Stunde weniger, sondern – find ich so! – eine mehr. Ist doch toll! Oder? :-)

Noch ein PS: Oben waren wir ja bei Science Fiction und Phantastik. Von wegen Pratchett und Ende. In der – eher unendlichen – deutschen Sternensaga „Perry Rhodan“ erscheint just dieser Tage – hervorragende Terminplanung, kudos! – Band 2850: Die Jenzeitigen Lande. Mit Zeitumstellungen haben die es dort auf ewig hinter sich. Vermute ich mal. :-)

Zu guter Letzt, weil’s ja schon im Titel steht: „Wer im Sommer stirbt, hat eine Stunde weniger.“ Ist eine alte Bauernweisheit, glaube ich …

Beitragsbild: Uhr in Bardolino am Lago di Garda, © Jens Olaf Koch

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